Hallo Freunde der grünen Technik. Ihr habt bestimmt meinen Umbaubericht der AN/GRC-106 gelesen. Solche Geräte wollten je nach Einsatzort auch mit Strom aus dem 115 oder 230Volt Netz versorgt werden. Das Power Supply PP-4763/GRC war dazu vorgesehen. Heutzutage ist dieses „Monster“ nur noch sehr selten zu bekommen. In einer Anzeige bei einer Funkbörse konnte ich gleich zwei dieser Schwergewichte (ca 55 Kilo je Gerät, in etwa das selbe Gewicht wie das Funkgerät) fast zum Schrottpreis erstehen. Diese Geräte wurden wohl, wie das dazugehörige Funkgerät AN/GRC106, von diversen Herstellern gefertigt. An meinen Geräten befinden sich Dataplates von Tadiran. Die beiden Seriennummern lauten 1111 und 1112. Die Zuleitungen sind mit Netzsteckern Französischer Herkunft bestückt. Also dürften sich die Netzteile irgendwo im Einsatz befunden haben, wo solche Steckvorrichtungen üblich waren. Belgien, Frankreich, Algerien, Tunesien, Marokko.. Vom Verkäufer wurde mir gesagt, die Teile stehen schon x Jahre bei ihm rum und seien eingestaubt. So, nun sind sie bei mir.
Erst mal beim ersten den Deckel abgeschraubt und reingeschaut:
Druckluft, Lappen und Bürstchen taten ihren Dienst. Die Verschmutzung hielt sich aber in Grenzen. Gleich mal etwas zur Sicherheit dieser Geräte: Der Betrieb dieser Teile ist nicht ganz ungefährlich! Wasserdicht wie das übliche Militärgedöns sind diese Teile nicht. Es entspricht nicht mal der Schutzart IP20. Schraubenzieher, Nagel oder andere Fremdkörper lassen sich leicht durch die Lüftungsschlitze einführen. Und direkt unter den Schlitzen sind nicht abgedeckte Schrauben und andere Anschlussteile, die unter 230Volt Netzspannung oder 28Volt mit hohem Kurzschlussstrom stehen.
Heute würden so gebaute Sachen nicht mehr zugelassen. Keine Ahnung was sich die Konstrukteure bei gedacht haben. Es wäre vom Aufbau her auch sicherer gegangen. Ein „Plug and Play“ ist für die Inbetriebnahme nicht empfehlenswert, das könnte ins Auge gehen. Erst alles in Augenschein nehmen, erst dann geht’s weiter. Fortsetzung folgt.
_____________________________________________________________ Wenn du bemerkst dass du ein totes Pferd reitest, steig ab! (Dakota-Indianer)
So, dann mal weiter. Bei den Netzteilen handelt es sich um thyristorgesteuerte, spannungsgeregelte Netzteile mit einem Dauerausgangsstrom von 50Ampere bei 24 bis ca 29Volt (Spannung einstellbar). Eigentlich die „Urform“ heute gebräuchlicher Schaltnetzteile. Aber schaltungs und aufbautechnisch doch etwas anders. Der Wirkungsgrad heutiger Schaltnetzteile ist top. Weit über 90% ist Standart. Nicht aber bei diesem Brummer. Diese Schaltung benötigt eine Grundlast, hier ein Hochlastwiderstand von 8,2 Ohm. Dieser ist dauernd parallel zum DC-Ausgang geschaltet und „verheizt“ dabei kontinuierlich um die 100Watt. Es gibt noch weitere Widerstände in den Geräten, die etliches an Leistung verbraten. Die Eingangsleistung beträgt ca 2 Ampere bei 23o Volt. Also etwa 460 Watt. Im Leerlauf wohlgemerkt, ohne angeschlossene Geräte! Heute undenkbar! Warum damals keine längsgeregelte Spannungsregelung mit Leistungstransistoren verwendet wurde? Die Technik und dafür nötige Bauteile gabs bereits. Man hätte dabei auch einiges an Gewicht und Größe einsparen können. Schon die fette , bestimmt über 10Kilo schwere Filterdrossel auf der DC-Seite hätte entfallen können. Anscheinend spielte damals die Energieeffizienz und das Gewicht keine Rolle. Es gab zwei Ausführungen dieser Netzteile. Das PP4763/GRC, welches nur für 115Volt Netzspannung ausgelegt war, dann das PP4763A/GRC, dieser Typ ist für 115 und 230Volt Netzspannung ausgelegt. Dazu müssen innen Brücken umgeklemmt werden. Um letzteres handelt es sich bei meinen Geräten. Nebenbei: Bisher habe ich meine Militärfunkgeräte mit einem modernen Schaltnetzteil betrieben. Dasda:
Gehäuse und Frontgestaltung mit Messeinrichtung Eigenbau, das innen verbaute Schaltnetzteil hab ich irgendwo günstig erworben. Das macht einiges mehr an Leistung wie die alten Dinger, ist kurzschlussfest, viel kleiner und, vom Gewicht her bringt es nur etwa ein Zehntel auf die Waage. Das wird auch in Zukunft die Hauptstromquelle für meine „Militärmühlen“ bleiben. Warum dann der ganze Aufwand? Das weiß natürlich jeder Oldtimerbesitzer. Aus Spaß an der Freude, um alte Technik zu erhalten und aus Sammlerleidenschaft. Das ist wie bei unseren Fahrzeugen. Heute gibt es davon auch bessere. Der nächste Schritt, die in die Jahre gekommenen Elektrolytkondensatoren müssen gecheckt werden. Diese "Fässer" da, C1 und C2:
Darüber sieht man die Steuerplatine in ihrem Schacht.
Jeweils 2 Kondensatoren mit je 52000µF, Mikrofarad ausgeschrieben, ist deren Kapazitätswert. Diese dienen zur Glättung der nach dem Brückengleichrichter vorhandenen pulsierenden Gleichspannung. Das sind schon dicke „Brummer“. Selbige Teile sterben gerne den Standschadentod wenn man sie nach vielen spannungslosen Jahren schlagartig mit vollem Power einschaltet. Wenns dumm geht können die dabei aufbauchen und auch explodieren. Darum müssen diese Bauteile erst formiert werden. Ich verwendete dafür ein in Spannung und Strom regelbares Labornetzteil. Die Kondensatoren wurden jeweils einpolig durch entfernen der "+" Schiene abgeklemmt und dann einzeln mit ganz niedrig eingestellter Strombegrenzung langsam auf Nennspannung hochgefahren. Hierbei wurde der „Leckstrom“ der Kondensatoren beobachtet, welcher sich nach ca 1 Stunde bei etwa 5 Miliampere einpendelte. Das ist ein vernünftiger Wert für diese Kondensatorgröße. Einer tanzte anfangs etwas aus der Reihe, blieb dann aber nach einem halben Tag auch beim tolerierbaren Wert stehen. Das Ganze Procedure dauerte etwa eine Woche. Je länger die an Dauerspannung liegen, je besser formieren sie sich. In der Zwischenzeit wurde den Geräten die Steuerplatinen entnommen.
Dabei fiel mir sofort ein defekter kleiner Kondensator ins Auge.
C3 auf dem Schaltplan weilt bereits bei Manitu.
Hier isser noch eingelötet
Und hier liegt der Verstorbene..
Das Netzteil hätte so nie funktioniert! Sicherheitshalber wurden dann gleich alle drei auf beiden Platinen getauscht. Das sind Billigteile, die hat jeder Elektronikshop feil.
Teilweise sind die alten Kondensatoren schon ausgelötet:
Und schwupps, die Neuen haben bereits ihren Platz eingenommen. Daneben die ausgebauten.
Platinenrückseite:
Die Platine wurde nach der Löterei wieder mit Plastiklack konserviert.
Huch, schon so spät.. Dann ist für heute erst mal Feierabend.
_____________________________________________________________ Wenn du bemerkst dass du ein totes Pferd reitest, steig ab! (Dakota-Indianer)
So, Nun ist die Geisterstunde vorbei Erst schaumer mal nach den Gleichrichterdioden. Dazu werden die Schrauben der Frontplatte gelöst.
Diese ist abklappbar. Schön gelöst! Man kommt dann überall gut dran. Nun die 4 Dioden der Brückengleichrichtung durchgemessen. Dazu müssen diese einpolig abgeklemmt werden.
Alle viere zeigen vernünftige Werte der Durchbruchspannung an. Um die 0,7Volt sagt mein Multimeter. Dann kam der 2-polige Hauptschalter an die Reihe.
Am 230Volt Stecker muss bei eingeschaltetem Hauptschalter zwischen den Stiften um 1 Ohm zu messen sein. Das ist der Gleichstromwiderstand der Transformatorwicklung. Nöö, is nich, sind um die 4 bis 7 Ohm. Nix gut! Dann den Leitungswiderstand von den Steckerstiften zum Schalter gemessen. Jeweils fast null Ohm. Also ist die Zuleitung bis zum Schalter ok. Übergangswiderstand bei geschlossenen Schalterkontakten, das waren die gemessenen 4 bis 5 Ohm. Wenn man das so lassen würde wäre das für die Kontakte im Schalter verheerend! Vor Allem bei hoher Last würde dort ein Feuerwerk stattfinden. -Bei beiden Geräten war übrigens das selbe Schalterproblem. Was tun? Der Schalter ist zugenietet, aber nicht wasserdicht. Dann kann dort auch Kontakt60 reinkriechen. Alle Ritzen des Schalters wurden damit besprüht und mit etwas Druckluft nachgeholfen. Das Zeug wirkt Wunder! Nach mehrmaligem Einsalben und durchpusten hatten alle Kontakte nahe 0,0 Ohm Durchgangswiderstand. Top! Dazu wurden beide Schalter abgeklemmt und ausgebaut.
Es gibt bei diesen Geräten einen "Top Cover Interlock Switch". Der Kontakt dieses Sicherheitsschalters schließt beim Abnehmen des oberen Gehäusedeckels. Bei eingeschaltetem Gerät bekommt dann die Auslösespule einer Hauptschalterseite Spannung und der Hauptschalter unterbricht den Stromkreis. Diese Schalter wurden ebenfalls geprüft. Bei einem Gerät war selbiger nicht gewillt seinen Kontakt zu schließen. So bekam auch dieser eine anständige Salbung Kontakt60. Auch hier zeigte das Mittel alsbald Wirkung. Der Kontakt schließt wieder einwandfrei.
Da isser
Hier ausgebaut:
Mir sind dann Unterschiede bei der 230Volt seitigen Verkabelung aufgefallen. Bei einem Gerät war das Durchgangsfilter des 115/230Volt Eingangs normal wie auf dem Schaltplan gezeichnet angeklemmt, beim anderen war es durch abklemmen und direktes Durchschleifen der Zuleitung zum Hauptschalter außer Betrieb gesetzt. Warum dieses? Dazu irgendwann später.
_____________________________________________________________ Wenn du bemerkst dass du ein totes Pferd reitest, steig ab! (Dakota-Indianer)
Sodele, nach längerer Zwangspause solls jetzt weitergehen. Kurz vor der Inbetriebnahme der Geräte wurde nochmal eine Sichtprüfung durchgeführt. Soweit scheint alles ok. Ich habs schon erwähnt, dass an einem Gerät das Eingangsfilter für die 115/230Volt außer Betrieb genommen wurde. Es wurden von einem Vorbesitzer, oder gar schon vom Militär, einfach 2 zusätzliche Anschlußssbolzen auf die Pertinaxplatte montiert, daran die Zuleitung und die Weiterleitung zum Gerätehauptschalter unter Umgehung des Filters angeklemmt. War das Filter eventuell kaputt? Ein kurzes Ausmessen selbigen Teiles sagte, kein Kurzschluss gen Masse, aber Kondensatoren zum Gehäuse. Der Durchgang war auch gegeben. Ok, lassmer mal so und legen das Maschinchen ohne Filter ans Stromnetz. Zur ersten Kontrolle der Ausgangsspannung wurde noch ein Multimeter an die Ausgangsklemmen gelegt.
Die Ausgangsklemmen mit provisorisch angeschlossenen 6mm² Drähten:
Auch an dieser Buchse kann die Ausgangsspannung abgenommen werden:
Hier passt auch der Stecker des Lichtmaschinen Verbindungskabel vieler Militärfahrzeuge.
Erst überlegte ich, ob ich einen Stelltrafo vorschalten soll, um die Eingangsspannung langsam von null auf volle Netzspannung hochzufahren. Ach was, zu was denn auch, wenns knallt, dann ists halt so. Also volles Risiko. Um die Kontakte des Hauptschalters nicht gleich wieder zu ruinieren wurde erst der Gerätehauptschalter eingeschaltet, dann das Gerät an die abschaltbare Netzsteckdose eingesteckt und zugeschaltet. Also, Schalter eingeschaltet. Ergebnis: B16A Netzsicherung löst aus. Wegen? Hmm.. Sicherungsautomat wieder eingeschaltet- hält.
Ein Blick auf das eingebaute Voltmeter zeigt 27,5Volt Ausgangsspannung.
Der Lüfter im Gerätedeckel rennt auch. Später dann noch eine 100Watt Halogenlampe als erste kleine Last an den Ausgang geklemmt. Leuchtet! Und das Voltmeter sagt, die Ausgangsspannung bleibt zu 100% konstant. Wenigstens bei ca 4 Ampere Last.. Das erste Gerät scheint zu funktionieren. Nun den Geräteschalter testen, in dem ich den Deckel leicht anhebe. Bingo, die Sicherheitsabschaltung funzt, der Schalter fliegt sogleich raus. Bei erneutem Einschaltversuch mit dem geräteinternen Hauptschalter löst erneut der 16Ampere Sicherungsautomat im Stromnetz aus. Wieder eingeschaltet-hält plötzlich. Aha, das Zauberwort heißt EINSCHALTSTROM des großen Transformators! Ich könnte ja eine Einschaltstrombegrenzung basteln.. Nöö, will ich nicht. Geht auch anders. Alter Handwerkertrick: Man nehme eine 50m Kabeltrommel, lasse sie aufgewickelt und füge selbige einfach in den 230Volt Primärkreis ein. Die Sicherung hält jetzt beim einschalten. Und die Trommel wird auch bei voller Langzeitbelastung des Netzteils nicht mehr als handwarm werden. Zur Konstruktionszeit des Netzteils wurden zur Absicherung der Stromkreise meistens Schmelzsicherungen eingesetzt. Die packen den hohen Anlaufstrom locker. Fortsetzung folgt
_____________________________________________________________ Wenn du bemerkst dass du ein totes Pferd reitest, steig ab! (Dakota-Indianer)