Hallo zusammen,
in meinem ersten Post vor einiger Zeit hatte ich ja davon gesprochen, mein Wissen zu teilen. Hat ein bisschen gedauert, weil es echt schwierig ist, gesicherte Erkenntnisse über die kanadische Variante des Dodge WC 52 zu bekommen. Online finden sich schon ein paar Infos, aber es sind immer dieselben, da hat jeder vom anderen abgeschrieben. Nun habe ich mal versucht, was Vernünftiges auf Deutsch zu schreiben. Hier isset: Und wenn jemand mehr weiß oder etwas besser weiß, immer her damit!
Die steigende Nachfrage nach einem leichten Allrad-Lkw führte 1944 zu einem Vertrag zwischen der Chrysler Corporation of Canada Ltd. und der Britischen Armee. Die Briten bestellten 11.750 Fahrzeuge, wobei anscheinend alle Fahrzeuge unter der Vertragsnummer MoS S/M 6423 geordert wurden. Die Auslieferung erfolgte von Ende 1944 bis 1945, die Seriennummern lauten:
91 151 283 bis 91 156 282 (5.000 Fahrzeuge) sowie von
91 166 034 bis 91 172 783 (weitere 6.750 Fahrzeuge).
Die ersten 1.000 Fahrzeuge der zweiten Produktionsreihe wurden weitgehend watfähig ausgeliefert – das betrifft die Fahrgestellnummern 91 166 034 bis 91 167 033. Lediglich der Verteiler und die Zündspule samt elektrischer Verbindungen waren nicht wassergeschützt. Die so ausgestatteten Canadian Dodge konnten immerhin bis zu 86 Zentimeter tiefes Wasser durchfahren.
Bei späteren Exemplaren ab Fahrgestellnummer 91 167 034 war auch die Zündanlage komplett wasserdicht, was die Autos befähigte, bis zu 1,52 Meter tiefes Wasser zu durchfahren. Unter Soldaten wurde erzählt, dass das Limit sich ausschließlich an der Größe des Fahrers orientierte: Wenn der Fahrer keine Luft mehr bekam, war eben Schluss.
Übrigens, laut den originalen Unterlagen werden die in Kanada gebauten Dodge offiziell folgendermaßen bezeichnet: Dodge ¾ ton 4x4 (Canadian). Autos der zweiten Serie tragen den Zusatz WP/ATP. WP steht dabei für „wadeproof“ also watfähig und APT für „airportable“ –also für den Transport in Flugzeugen geeignet.
Fahrzeuge der ersten Serie sind mit dem sogenannten 2M1A-Aufbau ausgestattet. Diese Variante ist 2,11 Meter breit (US-Maße: 83 1/8 inch). Der Aufbau der späteren zweiten Serie erhielt die Bezeichnung 2M2A und ist mit 1,96 Meter deutlich sichtbare 15 Zentimeter schmaler. Wichtig: Es gibt keine Hinweise darauf, dass der Wechsel vom breiten auf den schmalen Aufbau zeitgleich mit den zuvor genannten Änderungen hinsichtlich der Wattiefe erfolgte. Vielmehr scheint es so, als habe das eine nichts mit dem anderen zu tun. Es bleibt derzeit auch offen, wann genau der Wechsel auf die schmaleren Aufbauten erfolgte.
Im Allgemeinen entspricht der Canadian Dodge der späten Version seines amerikanischen Vorbildes, dem WC-52 Weapons Carrier. Beide Versionen ähneln sich auf den ersten Blick, doch es gibt etliche nennenswerte Unterschiede sowohl hinsichtlich der Technik als auch vom Aufbau her. Aber es gibt auch Gemeinsamkeiten:
• den Carter ETW1-Vergaser
• die 12-Volt-Anlage
• die späte Ausführung des Lenkrades
• die späte Version der Kübelsitze ohne die hochgezogenen Seitenwangen
• im Heck einen Aufbau aus Holz
• die Braden-Seilwinde MU-2 mit 3,4 Tonnen Belastbarkeit
Die Unterschiede beginnen schon beim Motor: Der Canadian Dodge wird von einem T-236-Motor mit knapp 3,9 Liter Hubraum (236 cubik inch) angetrieben. Dieses T-236-Aggregat wurde zuvor schon in diversen 4x2-Dodge-Lkw-Modellen eingesetzt, die allesamt für die britische Armee gebaut wurden. Der Motor ist ziemlich genau vier Zentimeter länger als der T-214 des US-amerikanischen Vorbildes. Ergo passen auch Ersatzteile wie Abgas- und Ansaugkrümmer ebenso wenig wie die Zylinderkopfdichtung. Das führt auch dazu, dass der Flansch des Abgaskrümmers etwas weiter vorne platziert ist. Konsequenz: Das vordere Rohr ist länger, das günstige Standardersatzteil aus dem US-Dodge ist einfach ein Stück zu kurz. Der danach folgende Auspufftopf wiederum ist identisch.
Die Motorhaube ist länger, Exemplare der zweiten Serie haben zudem auf der rechten Seite eine Aussparung für die Luftansaugung. Außerdem ist Kühlerverkleidung anders und vermutlich wurde auch der vordere Querträger des Rahmens etwas weiter nach vorne versetzt.
Der später eingeführte schmalere Aufbau 2M2A diente dazu, den Canadian Dodge auch per Flugzeug transportieren zu können. Um den Wagen anheben zu können, wurden an allen vier Rädern kreisrunde Scheiben montiert. Außerdem wurde das Blech unter dem Fahrersitz dahingehend verändert, dass links vom Sitz ein Stück ausgespart wurde – so konnte der Dodge mit der Douglas C-47 Skytrain transportiert werden, wobei die Royal Air Force dieses Flugzeug als Dakota bezeichnet. Die C-47 ist die militärische Variante der Douglas DC-3 und wurde in Deutschland als „Rosinenbomber“ berühmt.
Zurück zum Canadian Dodge. Damit er in das Flugzeug passt, mussten zuvor einige Dinge abgebaut werden. Um beim Zusammensetzen nach der Landung zu garantieren, dass der Dodge wieder voll einsetzbar ist, wurde mit allen 2M2A-Modellen ein Ersatzteilpaket ausgeliefert, das genau die zu demontierenden Teile umfasste.
Vorgesehen war der Canadian Dodge vorrangig für Einsätze im Fernen Osten. Sowohl im Handbuch für Fahrer als auch im Technischen Handbuch gibt es Ergänzungen, die sich mit dem Einsatz und der Instandsetzung in den Tropen befassen.
Bis heute wird darüber diskutiert, ob der Dodge ¾ ton 4x4 WP/ATP jemals im zweiten Weltkrieg eingesetzt wurde, denn er kam ja relativ spät auf den Markt. Vermutlich wurde der Canadian Dodge vorrangig nach Ende des zweiten Weltkriegs von der Britischen Armee genutzt, die hatte ihn ja schließlich bestellt. Aber es gingen angeblich auch einige Exemplare an die holländische Armee, gesprochen wird von 149 Fahrzeugen – was allerdings erst in den 60er-Jahren geschehen sein soll.Meiner dürfte einer davon sein, ich habe am Motor ein entsprechendes, nachgerüstetes Tyxpenschild gefunden.
Fakt ist hingegen, dass der Dodge ¾ ton 4x4 WP/ATP die technisch ausgereifteste Variante der Dodge-Weapons-Carrier-Baureihe darstellt. Ein Beispiel ist die letzte Variante mit der wasserdichten Zündanlage – das wurde in US-Modellen nie realisiert.
Und wenn ich was Neues habe, melde ich mich.