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Dieses Thema hat 11 Antworten
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 Munga
munga1957 Offline

Oberleutnand


Beiträge: 689

20.11.2020 21:30
Instandsetzungen durch Autohaus Lange und Industriewerke Saar Zitat · Antworten

Hallo miteinander

vielleicht habe ich nicht genug recherchiert, aber ich habe noch nicht herausgefunden, ab wann das Autohaus Lange und die
Industriewerke Saar mit der Instandsetzung von Munga Komponenten von der BW beauftragt wurden.
Oder gab es vielleicht noch weitere Instandsetzer zu dieser Zeit?

Dies ist erst einmal die Eingangsfrage zu den Instandsetzungen in der damaligen Zeit.


Grüße Fitzel

mungaist Offline

Wachmeister

Beiträge: 201

21.11.2020 10:11
#2 RE: Instandsetzungen durch Autohaus Lange und Industriewerke Saar Zitat · Antworten

Nun lieber Fitzel, guten Morgen,

ich hatte im anderen Forum dazu schonmal ausführlich geantwortet. Es ging dort auch um die Frage worin der Unterschied zwischen "hauptinstandgesetzt" bzw. "überholt" besteht. Vielleicht hilft das ja erstmal als Antwort. Und ja, um auf Deine Frage zu antworten, man muss schon die ehem. Heeresinstandsetzungswerke mit einbeziehen was die Hauptinstandsetzung von Lkw 0,25t gl MUNGA angeht.

Nun, da hilft ja meist ein Blick in die technische Vorschriftenwelt der Armee weiter, solange wir uns über Bundeswehrfahrzeuge unterhalten. Wird aber vermutlich im Ausland auch nicht viel anders gesehen werden.


"MES 4" (oder früher noch 5) steht für "Materialerhaltungsstufe 4" und bedeutet Hauptinstandsetzung (5 = Depotinstandsetzung, später zusammengelegt). Das heißt, dass ein Fahrzeug routinemäßig, also nach Zeitintervall oder nach Betriebsstundenanzahl oder auch nach Laufleistung zur Instandsetzung abgegeben wird, egal, ob es sich dabei im klassischen Sinne um eine Schadensinstandsetzung handelt oder nicht. Hauptinstandsetzung bedeutet grundsätzlich Zerlegung in sämtliche Hauptbaugruppen, die dann wiederum je nach Kapazität auch an zivile Auftragnehmer zur weiteren Überholung abgegeben werden. Verschleißteile werden grundsätzlich durch neue ersetzt und im übrigen Instandsetzung nach Bedarf. Also z.B. Karosserieschäden etc. Später dann alles wieder zusammengebaut und fertig. Damit ist auch klar, dass so gut wie nie ein in der MES 4 ausgebauter Motor wieder in das Fahrzeug zurückkommt, sondern es wird einer aus dem Regal gegriffen. Genauso bei allen anderen Baugruppen, dieh keine Seriennummer haben (Antriebe, Lenkgetriebe usw.). Hauptinstandgesetzte Fahrzeuge erhalten zudem einen kompletten neuen Farbanstrich.



Der Begriff "instandgesetzt" ist der allgemeine, deutlich ungenauere Begriff dafür, wenn man eben nicht weiß, was gemacht wurde. Alle Fahrzeuge der Bw werden "instandgesetzt", ob nach MES 2, 3 oder eben 4. Bei 4 "zerfällt" ein Gerät/Fahrzeug usw. in seine Baugruppen und Einzelteile. Da die Bw aber durch ihre wenigen 5 ehemaligen Heeresinstandsetzungswerke (HIW) oder heutigen 3 HIL-Werke niemals die Kapazitäten aufbauen konnte, um den gesamten Fuhrpark selbst durch die MES 4/5 zu schleusen, entstanden halbstaatliche Unternehmen, weil man bestimmte Aufträge (KWK-Gesetz!) nicht einfach an zivile Firmen abgeben konnte. Bekannt davon dürften sein die "Industrie-Werke Saar" (IWS) als ehemaliges Auto Union Werk, das überhaupt nur gegründet wurde, um das Hauptwerk in Ingolstadt von der "Instandsetzungsflut" der MES 4/5-Arbeiten zu entlasten, "Fahrzeugwerke Ichendorf" (FWI), als ursprünglich britisches Panzerwerk usw. Darüber hinaus gab es zivile Anbieter, die sich auf bestimmte unkritische Baugruppen spezialisiert haben, wie z.B. das "Autohaus Lange" für die Überholung von Lenkgetrieben und Radantrieben. Alles mal am Beispiel des Lkw 0,25t gl dargestellt, als einem der mit über 35 Dienstjahren mit am längsten genutzten Fahrzeugtyp.



Gruß, Wolf

Mister Munga Offline

* General


Beiträge: 4.481

21.11.2020 17:20
#3 RE: Instandsetzungen durch Autohaus Lange und Industriewerke Saar Zitat · Antworten

Die Frage ist durchaus berechtigt und die Ausführungen von Wolf-Teja beinhalten bereits viele Hintergrundinfos. Auch wir beide hatten uns in den letzten Jahren des Öfteren darüber ausgetauscht. Als militärischer Laie bedarf es hier und da enormer Unterstützung....

Leider war es mir bisher nicht möglich, dieses interessante Kapitel, zumindest für unseren MUNGA Bereich, vollständig und umfassend zu eruieren und die Erkenntnisse "zu Papier zu bringen".
Auch im Ruhestand fehlt leider die Zeit und 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche wollte ich bekanntlich seit 2009 für das MUNGA Hobby nicht mehr aktiv sein…
Manchmal habe ich allerdings den Eindruck, es war nur ein Wunschdenken…


Natürlich wäre es schade, wenn die ein- oder andere Info oder Fachkompetenz dauerhaft verloren gehen würde…Insoweit einige Gedanken von mir dazu.

Diverse Statements der letzten Jahre an andere Stelle zeigen (wie immer), wie pauschal manche Fragen zum MUNGA beantwortet werden. Häufig fehlt das Hintergrundwissen oder es werden Halbwissen oder Vermutungen verbreitet. Wie so oft, wenn es dann nicht richtiggestellt wird, entsteht daraus bei vielen Lesern …eine "gesicherte Erkenntnis", die dann auch noch verbreitet wird…

Ab Ende 1956 bzw. Anfang 1957 wurden die ersten MUNGA an die Bundeswehr ausgeliefert. Die ersten Jahre waren sowohl auf der Seite des Herstellers als auch im Bundesverteidigungsministerium und den nachgeordneten Dienststellen, wie beispielhaft die Erprobungsstelle der BW, mit der Erprobung von Rüstsätzen, beispielhaft Anhängekupplung, Gepäckbrücke, größere Reifen, 1000er Motor oder Anbauten gefüllt, letztlich hin bis zur Fertigung der beiden Pritschenwagentypen.
Übergeordnet, so zumindest beim Fahrzeughersteller, stand der Vergleich bzw. die Konkurrenz zum Porsche und Goliath Geländewagen. Wer sich intensiver mit der Produktion beschäftigt erkennt schnell, dass die ersten 5000 bestellten MUNGA bereits bis Ende 1957 gefertigt waren. Die letzten Bundeswehrwagen wurden im Januar 1958 überstellt!
Danach erfolgten nur noch Fertigungen für den Export, die Alliierten, Grenz- und Katastrophenschutz. Erst ab November 1958 wurde der nächste Anschlussauftrag erfüllt. Abgesehen von einigen Erprobungsmustern erfolgte mithin von Januar bis Oktober 1957 keine Fertigung für die Bundeswehr!!!
Die Bundeswehr hatte „Neuwagen“, im Fokus standen keine Instandsetzungen. Kleinere Garantie- oder Instandsetzungsarbeiten sowie Inspektionen wurden von der Truppe bzw. den Werkstatteinheiten (BGS) oder örtlichen DKW Händlern übernommen. Soweit es um gravierende oder grundsätzliche Fragen ging, war (weiterhin) der Werkskundendienst im Einsatz.
Wie wir alle wissen, erfolgten aufgrund der vergleichenden weiteren Erprobung diverse Anschlussaufträge für die Bundeswehr, ebenso für Bundesgrenzschutz, Innenministerien (Polizei) und den Katastrophenschutz, nicht zu vergessen die weiteren Modelle in Form des MUNGA 6 und 8, des MUNGA Anhängers, der Festaufbauten usw. Während der gesamten weiteren Fertigungszeit standen immer wieder „Rüstsätze“ und „Einbauten“ zur Diskussion, denken wir an Feldjäger, Funk, Fahrschulausführung usw., bis hin zum schwimmfähigen MUNGA.

Aus den spärlichen „Behördenunterlagen“ findet sich beispielhaft ein Statement des Inspekteurs des Bundesgrenzschutzes aus 1960 zur Frage der Wartung, Pflege und Instandsetzung. Diese Anweisung ging an die einzelnen Grenzschutzkommandos und war von den Einheiten und Werkstätten vor Ort zu beachten. Offensichtlich hat der BGS seine Fahrzeuge selber gewartet und instandgesetzt. Inwieweit örtliche DKW Händler (zusätzlich) genutzt wurden, ist mir nicht bekannt.

Katastrophenschutzfahrzeuge wurde anfänglich durch örtliche DKW Partner gewartet und instand gesetzt, da die Katastrophenschutz Zentralwerkstätten erst in den 60er Jahren entstanden sind. Welche Arbeiten in den ZW durchzuführen waren, ergibt sich u.a. aus dieser Quelle:
https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downl...publicationFile


Im Rahmen der Belieferung an die Bundeswehr ging der Hersteller von einer Nutzungszeit von ca. 10 - 15 Jahren aus. Bereits ab Mitte der 60er Jahre beschäftigten sich die europäischen Automobilhersteller mit der trilateralen Entwicklung einer neuen Fahrzeugflotte für die Armeen, so auch im Bereich der Klasse LKW 0,5 t.gl.
Bei der Auto Union stand der MUNGA mit AUDI Motor im Fokus und sollte ggfs. vorübergehend geliefert werden. Hier und da wird es bekannt sein, dass bereits Anfang 1966 das erste Musterfahrzeug vorgeführt wurde.
All das zeigt uns, dass die Instandsetzung der Bundeswehrfahrzeuge etwas nachranging betrachtet wurde. Offensichtlich lief dies „im Hintergrund“ recht erfolgreich und auch wirtschaftlich hervorragend für den Hersteller.
Bis Sommer 1964 wurden mit Reparaturarbeiten in den Erhaltungsstufen 3 + 4 die Fahrzeuge einsatzbereit gehalten. Erforderliche (Neu-)teile lieferte das Werk. Erst Mitte 1964 ist die Hauptinstandsetzung für den MUNGA eingeführt worden. Anfänglich, im ersten Jahr, erfolgte diese bei einer Laufleistung von > 80 Tsd. KM, wurde im Laufe der folgenden Monate/Jahre auf 70 Tsd. bzw. 50 Tsd und letztlich ab ca. 1967 auf > 40 Tsd. KM Laufleistung festgelegt. Für eine Hauptinstandsetzung wurden Kosten von ca. 7000 DM veranschlagt, damit rund 1/3 weniger als ein Neufahrzeug. Unter Berücksichtigung von militärischen Fahrleistungen und der vermuteten Gesamtnutzungszeit ist damals eine weitere (zweite) Hauptinstandsetzung für unwirtschaftlich erachtet worden.

1964 wurden rund 1000 MUNGA einer Hauptinstandsetzung zugeführt, in den folgenden Jahren erfolgten Planungen von jährlich ca. 3000 Fahrzeugen. Bei den damaligen Planungen waren als weitere Faktoren bereits verunfallte (ausgemusterte) Fahrzeuge und wirtschaftlich nicht mehr sinnvolle Hauptinstandsetzungen zu berücksichtigen.
Bis Mitte der 60er Jahre waren bereits rund 6000 MUNGA wegen Unfall oder wegen Unwirtschaftlichkeit abgeschrieben und ausgesondert worden. Der Bestand betrug grob Ende 1965 ca. 24 000 Fahrzeuge, allein rund 15 % noch aus der ersten Variante mit 900 ccm.

Wirtschaftlich betrachtet ging der Hersteller von einer Ausmusterung dieser MUNGA aus den Baujahren 1957/58 bis Ende des Jahres 1967 aus.

In den ersten Jahren erfolgte die Hauptinstandsetzung für die Bundeswehr ausschließlich im Werk Ingolstadt. Die Industriewerke Saar, gegründet als Auto Union Saar GmbH, wurden erst 1963 in Schwarzerden gegründet. Nach meiner Einschätzung begann die Hauptinstandsetzung für den MUNGA ab ca. 1965/66.

Auf den Instandsetzungsschildern begegnet uns auch das Autohaus Lange KG in Flensburg und die Abkürzung F W N Flensburg, die Fahrzeugwerke Nord Flensburg GmbH, die seit Jahren bzw. Jahrzehnten zur FFG FLENSBURGER FAHRZEUGBAU GESELLSCHAFT MBH gehören.
Wehrmaterial bis zur Materialerhaltungsstufe 4 wurde und wird instandgesetzt.
Für den MUNGA wurde ein Großteil "aller" Halbachsen und Lenkgetriebe überholt bzw. mit Neuteilen instandgesetzt. Aber auch andere Baugruppen bis zur Überholung der Kardanwelle erfolgten.

Dagegen wurden Komponenten wie Anlasser und Lichtmaschinen in Einzelaufträgen/Losen von der Bundeswehr an größere Bosch Betriebe bundesweit vergeben.
Ebenso gab es Instandsetzungsbetriebe für die in Lizenz gefertigten Bendix Benzinpumpen, Zündanlagen (Kontaktplatte) und andere Bauteile, insbesondere ab Mitte der 70er Jahre.

So lassen sich auch heute noch an vielen Baugruppen oder an der originalen Verpackung die Instandsetzungsbetriebe nachverfolgen, bis hin zur Plakette über dem Fabrikschild im Motorraum zwischen den Batterien über die erfolgte HU in Ingolstadt oder Schwarzerden.

Auch diese kleine Zusammenstellung bitte ich nur als Ergänzung zum vorher Ausgeführten zu sehen. Letztlich bedarf dieses komplexe Thema einer umfassenden Recherche und abschließenden Betrachtungsweise für alle Bereiche.
Insoweit darf gerne unter Quellenangabe mein Wissen eingebracht werden. 21.11.2020

munga1957 Offline

Oberleutnand


Beiträge: 689

21.11.2020 21:49
#4 RE: Instandsetzungen durch Autohaus Lange und Industriewerke Saar Zitat · Antworten

Hallo Wolf, hallo Ullrich,

vielen lieben Dank für Eure ausführlichen Beiträge; unglaublich Euer Wissen!
Jetzt habe ich noch mehr Fragen.

Gerne würde ich das Ganze mal zu damaliger Zeit an meinem Munga durchspielen.

Mein Munga wurde im Februar 1957 an die Bundeswehr nach Böblingen ausgeliefert(nur nebenbei, ich habe bis heute noch nicht herausgefunden an welche Einheit der Munga ausgeliefert wurde)

Wie nehmen mal an, der Wagen wurde pfleglich behandelt, aber im Jahr 1962 fing doch der erste Gang an zu kratzen und der Rückwärtsgang flutschte auch nicht mehr wie es sein sollte.

Wurde der Munga nun schon bei der BW instandgesetzt oder bei einem DKW Händler in der Nähe von BB?

Wurde das Getriebe repariert oder gleich gegen ein nagelneues Getriebe aus Ingoldstadt ausgetauscht?

Das wären mal die Fragen für heute.

Grüße
Fitzel

Mister Munga Offline

* General


Beiträge: 4.481

22.11.2020 08:34
#5 RE: Instandsetzungen durch Autohaus Lange und Industriewerke Saar Zitat · Antworten

ich denke für solche einfachen Austauscharbeiten hat die Instandsetzung ein Getriebe aus dem Regal genommen und ausgetauscht. Die defekten Getriebe wurden gesammelt und der Instandsetzung zugeführt.

Ob diese (für uns) überschaubaren Getriebeaustauscharbeiten in jeder Kaserne erfolgt sind oder ggfs. überörtlich/überregional durchgeführt wurden, mag ich nicht beurteilen.

Keine Ahnung, ob bei dir ursprünglich ein Schild über eine erfolgte Hauptinstandsetzung montiert war, es war sicherlich bei Erwerb nicht mehr die erste Getriebevariante mit dem außenliegenden Schaltzug montiert.

Obwohl die Getriebe werksmäßig durchnummeriert waren, ist mir keine Aufstellung bekannt, aus der eine Getriebezuordnung zum Fahrzeug nachvollziehbar ist.

War beim Erwerb noch der original erste 900er Motor montiert

munga1957 Offline

Oberleutnand


Beiträge: 689

22.11.2020 09:42
#6 RE: Instandsetzungen durch Autohaus Lange und Industriewerke Saar Zitat · Antworten

Wir lassen das mit meinem Munga und nehmen dafür einen x-beliebigen Munga aus damaliger Zeit.
Ok, der Wagen wurde dann in der Werkstatt der Kaserne repariert.
Hatte dann damals jede Kaserne ein Lager an Ersatzteilen für alle Fahrzeuge oder gab es da schon ein Zentrallager?
Lange und die Industriewerke gab es noch nicht, also wurden die defekten Teile wie Getriebe, Diferentiale und Halbachsen wieder nach Ingolstadt überführt, dann aufgearbeitet und als AT-Teile wieder
auf den Markt gebracht?
Zum Typenschild der Getriebe komme ich noch.

Grüße Fitzel

Mister Munga Offline

* General


Beiträge: 4.481

22.11.2020 13:04
#7 RE: Instandsetzungen durch Autohaus Lange und Industriewerke Saar Zitat · Antworten

hallo Fitzel,

keine Ahnung, ob dir die Aussonderungseinheit deines MUNGA bekannt ist? Vermutlich ließe sich darüber der weitere Weg vom WBK V Stuttgart verfolgen.

Mir ist zur Instandsetzung nicht bekannt, welche Vereinbarungen im Detail zwischen dem Werk und der Bundeswehr/BGS/Kat.schutz "in den ersten Jahren" bestanden.
Ich denke schon, wir müssen hier eine genaue Trennung zwischen Garantiearbeiten, der Wartung + Instandsetzung bei der Truppe, der Einführung der Hauptinstandsetzung im Werk und der HI in den Großbetrieben Schwarzerden + Flensburg sowie den Instandsetzungen bei den anderen "Behörden" vornehmen.

Der große Bereich "Zivilschutz" hatte nach meinem Wissen keine zentrale Sammelstelle für defektes Material. Im Depot in Bonn wurden, davon gehe ich zumindest aus, nur Kfz vom Hersteller übernommen, aufbereitet und an die Bundesländer verteilt. Hieraus folgend wäre mithin eine individuelle Weitergabe des Austauschmaterials wie Motor, Getriebe etc. direkt aus den einzelnen ZW nach Ingolstadt, also praktisch wie im ET-Katalog im Vorwort oder im Austauschdienst beschrieben und von jedem DKW Händler so gehändelt.

Für die Bundeswehr wurden zweifellos die größeren Baukomponenten wie Motor, Getriebe, Diffi nach Ablauf der Garantiezeit zentral gesammelt und zum Werk zur Instandsetzung zurückgegeben.

Ich denke die "preiswerten" Bauteile wie Halbachsen, Lenkgetriebe etc unterlagen "anfänglich" noch nicht der Sammlung und Überholung. Vielleicht erfolgte bereits eine Instandsetzung (z.B. Halbachse) oder es erfolgte eine Materialgewinnung aus verunfallten/geschlachteten Fahrzeugen. Dies war nach meinem Wissen zumindest in den 70er üblich bzw. Bestandteil von Aussonderungsanträgen.
In den Verwertungsanmeldungen der Bundeswehr zum Aussonderungsentscheid hieß es dann u.a.... die Baugruppen sind gemäß Verfügung vom xxx mit Aktenzeichen xxx durch die unterstützende Einheit auszubauen und auf dem Nachschubweg zurückzuliefern. Die verbleibenden Restteile, also nach meiner Einschätzung Rahmen und Aufbau, waren eigentlich zu zerschneiden und als Schrott zu verwerten, damit letztlich zu verkaufen.


Die "Gedienten" aus den 70er Jahren, ich denke davon lesen aktuell einige mit, werden die Materialbestände in den Instandsetzungswerkstätten in Erinnerung haben. Ich vermute, dass dürfte nur allgemeines Verschleißmaterial gewesen sein. Große, komplette Baukomponenten waren meines Wissens zentralisiert in den Materialdepots.

Zumindest ab Anfang der 60er Jahre hat das Verteidigungsministerium immer wieder Ersatzteillieferungen in Auftrag beim Hersteller gegeben und die Depots gefüllt. Davon profitieren wir bekanntlich noch heute, denn im Rahmen der Aussonderung zum Ende der 80er Jahre ist bekanntlich enormes Material dem Verkauf zugeführt worden.

Beim kat.schutz, so zumindest in NRW, wurden ab ca. Mitte der 70er Jahre die ersten Fahrzeuge dann geschlachtet, wenn diese verunfallt und/oder nicht mehr instandsetzungswürdig waren. Verwertbares Material wurde in den einzelnen ZW (Zentralwerkstätten) gelagert und der weiteren Verwendung/Nutzung zugeführt.

mungaist Offline

Wachmeister

Beiträge: 201

22.11.2020 15:10
#8 RE: Instandsetzungen durch Autohaus Lange und Industriewerke Saar Zitat · Antworten

Schönen Sonntag, lieber Fitzel,

ich musste noch ein wenig recherchieren und kann deswegen jetzt im ersten Teil direkt auf die Aussagen von Mr. Munga zurückgreifen.

Bei Planung und Aufstellung der Bundeswehr hatte niemand in der Rüstungsabteilung des BMVg bzw. im nur ein Jahr später aufgestellten "Zentralkommando Material-Übernahmeorganisation (Heer)" in Bad Neuenahr auch nur entfernt eine Vorstellung davon, welche Materialmengen einmal für die Truppe zu bewegen sein werden. Spielte auch überhaupt keine Rolle, andere Fragen hatten Vorrang. Ausländisches Wehrmaterial, also vor allem gepanzertes Großgerät, konnte nur über die Alliierten instandgesetzt werden. Wenn ich nur an die vielen vielen Berichte von ehemaligen Soldaten aus den fünfziger Jahren denke, in welchem Zustand zum Teil das Material in Bremerhaven angeliefert wurde, dann erhellt das so ein wenig diese Problematik. Ein Artilleriebataillon, in dem ich ab 1983 Dienst tat, erhielt z.B. von vorne herein mehr Panzerhaubitzen, als nach STAN-Gliederung eigentlich vorgesehen waren. Die Reserve-Geschütze wurden direkt mitgeliefert, 2 Stück zusätzlich für jede der beiden Batterien.

Bei Rad-Kfz war die Sache etwas einfacher, da sie ja nach einem Grundsatzbeschluss des BMVg grundsätzlich aus deutscher Fertigung kommen sollten. Wie wir wissen, heißt "grundsätzlich" nichts anderes, als dass es Ausnahmen gab, so also hier die U.S.-Reos für die ABC-Abwehrtruppe und die die Raketenartillerie. Der Rest konnte nur über eine eigenständige Versorgungskette instandgesetzt werden. Nein, Fitzel, die Truppe unterhielt hierfür keine eigenen Ersatzteillager in jeder Kaserne. Dieser sogenannte ET-Schlüssel ist eine Wissenschaft für sich, weil kostenintensiv. Welches Teil wird wohl in welcher Anzahl zu bevorraten sein? Das kann nur die Erfahrung zeigen. Verschleißsteile ja, Reifen, Schläuche, Bremsbeläge, Zündkerzen usw., aber wie lange hält ein Auspuffrohr? 1956 bei Aufstellung der Truppe alles unbekannt. Natürlich musste bei Unfallschäden, die also nicht unter Verschleiß fallen, auf den/die Hersteller zurückgegriffen werden.

Nun zu Deinem Auto. Ich will's mal versuchen, weil ich drei Daten habe aus dem Obenstehenden: "Baujahr 1957", "Auslieferung Böblingen" und Aussonderung beim "WBK V". Hierzu musste ich etwas ins Dunkel der Bundeswehranfänge zurück und - bildlich gesprochen - brauch auch ich da manchmal eine Taschenlampe, wenn ich mich da nicht verirren will.

Böblingen verfügt über zwei Wehrmachtsanlagen, die Panzer-Kaserne und den Fliegerhorst. Da die Panzer-Kaserne 1945 von den Franzosen belegt und an die Amerikaner abgegeben wurde, stand 1955 für die Bundeswehr nur der Fliegerhorst zur Verfügung. Dort wurden dann ab 1957 mindestens drei Truppenteile aufgestellt:

- Das Luftlande-Panzerjägerbataiilon 9,
- die Luftlande-Pnzeraufklärungskompanie 9 und
- das Luftlande-Flugabwehrartilleriebataillon 9

Erst in der Heeresstruktur III ab 1971/72 kamen dann in Böblingen territoriale Jägertruppenteile hinzu, die hier für uns keine Rolle spielen dürften. Das LL-FlaArtBtl 9 wurde zügig nach der Aufstellung, also bereits 1958, nach Altenstadt verlegt und dort umgegliedert, nachdem die Heeresstruktur II für die 9. LL-Division kein Flugabwehrbataillon mehr vorsah.

Ähnlich war es mit der Panzeraufklärungskompanie 9, die ebenfalls bei einer Luftlandedivision, die als Verstärkungstruppe der drei Korps vorgesehen war, keinen Sinn machte.

Ein Luftlande-Panzerjägerbataillon 9 dagegen war dagegen für die Fallschirmjäger sehr wohl sinnvoll, angesichts einer unermesslichen Panzerbedrohung, von der man damals ausging. Immer wieder wurden von diesem Bataillon andere Truppenteile der Fallschirmjägertruppe aufgestellt, bis das Bataillon selbst dann im Sommer 1964 von Böblingen nach Kühlsheim in die neu erbaute Prinz-Eugen-Kaserne umzog und dort gleich zwei Panzerbataillone 363 und 364 aufstellte. Dieser Wechsel illustriert so ein wenig am Rande die Quadratur des Kreises, die das BMVg zu meistern hatte, um im Rahmen des politisch vorgegebenen "500.000-Mann Rahmens" 12 Divisionen des Heeres nebst allen Zusatz- und Begleittruppen aufzustellen. Nach der bisherigen Gliederung der HStr II wäre danach für die 12. Panzerdivision als jüngste und letzte Division des Heeres fast kein Truppenteil mehr übrig gewesen. Also musste woanders gekürzt werden.

Wir wissen also danach, dass des LL-PzJgBtl 9 insgesamt 7 Jahre in Böblingen beheimatet war. Das ist nun zufällig genau der Zeitraum, nachdem damals ein Lkw 0,25t gl "Munga" zur Depotinstandsetzung heranstand. Auch wenn die Chronik des PzBtl 363 erwähnt, dass die Böblinger Panzerjäger "nach einem Truppenübungsplatzaufenthalt in Grafenwöhr im Juni 1964 mit all ihren Fahrzeugen nach Külsheim umzogen", möchte ich davon ausgehen, dass Dein Munga jedenfalls irgendwann 1964 zur DepotInst abgegeben wurde. Nachdem Auto Union 1963 sein neues Instandsetzungswerk in Schwarzerden in Betrieb genommen hatte, welches ja ausschließlich zu dem Zweck errichtet worden war, die beginnende Flut an Instandsetzungem vom Herstellerwerk in Ingolstedt - Düsseldorf war ja schon Geschichte - fernzuhalten, liegt also die Vermutung sehr nahe, dass Dein Munga nach Schwarzerden auf den Weg gebracht worden sein wird.

Nach der Depot-Instandsetzung kamen Fahrzeuge nicht mehr zum Entsendetruppenteil zurück, sondern wurden ganz normal wieder in die Versorgungskette eingespeist, d.h. gingen in ein Gerätedepot und warteten dort auf Abruf zu einem aktiven oder auch nicht aktiven Truppenteil. Das hing aus vom eingerüsteten Rüstsatz ab, bei diesen Führungsfahrzeugen war das oft der RS Funk. Ich weiß nun nicht wann Dein Munga über das WBK V - Militärkraftfahrstelle im Dezernat Verkehrswesen ausgesondert wurde, aber es muss ja im Zuständigkeitsbereich des WBK erfolgt sein, also in Baden-Württemberg. Mr. Munga wird das ja wissen und so steht auch das Dienstzeitende Deines Autos ziemlich eindeutig fest.

Ist doch etwas mehr geworden, war aber nun auch kein Hexenwerk. Was noch bliebe wäre natürlich das Zugehörigkeitszeichen nach der alten Vorschrift, was natürlich rekonstruierbar wäre, falls Du es haben wolltest.

Gruß, Wolf

munga1957 Offline

Oberleutnand


Beiträge: 689

22.11.2020 21:38
#9 RE: Instandsetzungen durch Autohaus Lange und Industriewerke Saar Zitat · Antworten

ich bin weiterhin mehr als begeistert über das Fachwissen zu diesem exotischem Munga-Thema.

Und ich habe die damaligen Abläufe jetzt soweit verstanden.

Im Jahr 1963 wurden ja die Saarwerke gegründet und erhielten dann neben Unimog Revisionen auch den Auftrag für die Überholung von Munga-Teilen.
(oder umgekehrt ist ja auch egal)
Wie auch beim Autohaus Lange wurden die Überholungen mit einem Blechschild dokumentiert.
Diese Blechschilder hatten zwar Bohrungen um das Schild anzunieten, aber die Schilder wurden immer aufgeklebt.
Bitte um Berichtigung wenn das nicht stimmen sollte.
War das Pflicht mit den Schildern, egal ob Motor Differential oder Getriebe?

Jedes Munga-Getriebe hat ein Typenschild mit den entsprechenden Informationen zum Getriebe und eine eingeschlagene Nummer.
Ob diese fortlaufend war, kann ich nicht beurteilen.

Die mir bekannten Schilder sehen so aus:



Quelle Fitzel


Dürfte auch so allen anderen Munga-Fahrern bekannt sein.


Dann habe ich durch Zufall dieses Bild entdeckt, was hat es damit auf sich?






Quelle Internet, der Urheber möge es mir erlauben...

Grüße Fitzel

Mister Munga Offline

* General


Beiträge: 4.481

23.11.2020 08:07
#10 RE: Instandsetzungen durch Autohaus Lange und Industriewerke Saar Zitat · Antworten

klarstellend zwischendurch..

Ich habe keine Infos über Aussonderungszeitpunkt oder letzten Standort. Ob der MUNGA im Zulassungsbereich des WBK V ausgesondert wurde, ist mir ebenfalls nicht bekannt. Ich kann bei diesem Kfz nur den ersten Empfänger nachvollziehen.

Gibt es Erkenntnisse zum Aussonderungsdatum, Standort, letztes Y Kennzeichen? Hinweise zur HI?

Mister Munga Offline

* General


Beiträge: 4.481

23.11.2020 08:25
#11 RE: Instandsetzungen durch Autohaus Lange und Industriewerke Saar Zitat · Antworten

zu den Instandsetzungsschildern...

Du wirst in der Praxis auch auf Schilder stoßen, die fest vernietet sind.

Wann, welcher Instandsetzer, wie verfahren hat, ob es dazu "Anweisungen" gab, ist mir nicht geläufig.

Zumindest bei der HI sowohl im Werk als auch in Schwarzerden müsstest du eigentlich 2 weitere Stempel auf dem silbernen Blechschildchen sehen, einmal am Beispiel Schwarzerden einen Abdruck mit IWS und einer Nummer, ich würde auf den Mitarbeiter tippen und den Abnahmestempel des BWB.

Auch auf deinem Schild ist im linken Bereich IWS 17 (?) und rechts der BWB Abnahmestempel zu erkennen.

Mister Munga Offline

* General


Beiträge: 4.481

23.11.2020 08:28
#12 RE: Instandsetzungen durch Autohaus Lange und Industriewerke Saar Zitat · Antworten

Zum Thema Getriebenummer kann ich aus dem Stehgreif leider nichts beitragen. Da passe ich.

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